von Erik Flügge
Es ist die wohl schönste Erfolgsgeschichte, die Udo Wenzl und ich gemeinsam erlebt haben. Vor rund einem halben Jahr entwickelten wir auf der Bodenseeinsel Mainau ein neues Modell der Jugendbeteiligung: Den 8erRat. Veröffentlicht haben wir diese Idee in einem kurzen Blogbeitrag mit dem Titel „Alternative zum Jugendgemeinderat? – Das Modell des 8erRat„. Seither steht unser Telefon nicht mehr still. Eine Kommune nach der nächsten meldet sich und will das Modell mit uns entwickeln und erproben.
Wenn Udo Wenzl und ich zur Zeit kontaktiert werden, dann geht es oft um den 8erRat. Die Berichte aus ganz unterschiedlichen Kommunen klingen dabei stets ähnlich. Im Rat gebe es einen breiten Konsens, dass man Jugendliche beteiligen will. Man habe vor ein paar Jahren sogar einen Jugendrat beschlossen und eingeführt, aber so richtig funktioniert es eben nicht. Mal fehlen die Kandidatinnen und Kandidaten, mal die Ideen im Gremium. Es bleibt unbefriedigend.
Am meisten stört die Verantwortlichen in den Kommunen, dass ein Jugendrat nur so wenige Jugendliche zu Beteiligten macht. „Da sind doch fast alle außen vor“ sagt eine Kollegin und macht ihrem Frust Luft, dass gerade die Jugendlichen mit wenig Engagementerfahrung und sozial schwächerem Elternhaus keine Chance im Jugendrat haben.
Nicht überall scheitern Jugendräte, aber sie scheitern viel zu oft, als dass man von einem Erfolgskonzept sprechen könnte. In jedem Fall beteiligt ein Jugendrat nur eine kleine Anzahl junger Menschen in einer Kommune. Das Ziel vieler Verantwortlicher ist aber, möglichst alle Jugendlichen für Demokratie und Engagement zu begeistern.
Der 8erRat wird Realität
2015 haben sich nun eine ganze Reihe Kommunen mit Udo Wenzl und mir mit meinen Kollegen von der S&N Kommunalberatung auf den Weg gemacht, den 8erRat zu entwickeln und zu erproben. In mancher Kommune sind wir in einer frühen Diskussionsphase, in der man das Modell erst einmal besprechen möchte, in anderen Städten laufen schon ganz konkrete Planungen mit Schulen, der Stadtverwaltung und der Jugendarbeit. Das Modell begeistert viele, aber es hat auch seine Hürden.
Wie gelingt uns echte Beteiligung, wenn die Teilnahme am 8erRat verpflichtend ist? Mit welcher Methodik lösen wir die Klassenrollen an zentralen Veranstaltungen mit Achtklässlern auf? Wie schaffen wir schulartübergreifende Kommunikation zwischen Schülerinnen und Schülern? Wie kann der Politikunterricht vernünftig an die Erfahrungen aus dem 8erRat anschließen? Wie setzt die Kommune Ziele und Ideen der Jugendlichen gemeinsam mit diesen um und wie kann ein Engagementanschluss für die Jugendlichen sicher gestellt werden?
Es sind eine Menge Fragen offen, aber es sind die richtigen Fragen. Denn alle diese Fragen befassen sich mit der Lösung von Problemen, die Jugendbeteiligungsverfahren seit Jahrzehnten ausblenden. Normalerweise arbeitet man mit Simulations- und Pseudoformen, wenn alle Jugendlichen etwas mitmachen sollen, oder man schließt über das „Prinzip der Freiwilligkeit“ die Desinteressierten von vornherein aus, wenn man echte Partizipation ermöglichen will. Selten operiert man mit so großen Anzahlen an jungen Menschen gleichzeitig und wenn dann nur über Wahlen und Fragebögen, aber nie, indem man jede und jeden Einzelne und Einzelnen zu echten Beteiligten macht.
Wow, ein riesen Ding und wir sind heute noch heillos überfordert. Das Tolle ist, dass der 8erRat uns und so viele unserer Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen bei der Pädagogen-Ehre gepackt hat. Wir wollen, diese Probleme lösen und nicht noch weitere Jahrzehnte aufschieben.
Unser Ziel
Mit dem 8erRat wollen wir ein Modell entwickeln, das in vielen Kommunen funktionieren kann. Wir begreifen die Jahre 2015 – 2017 als große Modellphase, in der ganz unterschiedliche Lösungen in unterschiedlichen Städten und Gemeinden erprobt werden, so dass es nach drei Jahren ausreichend Erfahrungswissen gibt, damit auch andere diesen Weg gehen können.
Wer heute schon mutig mit seiner Stadt oder Gemeinde mit voran gehen will bei der Entwicklung des 8erRats, darf sich gerne bei uns melden. Wir freuen uns definitiv über noch viele Kommunen, die mit uns einen neuen Weg in der Beteiligung von Jugendlichen gehen wollen.